Innere Kündigung

War schon vor der Bundestagswahl nichts wirklich Gutes zu erwarten, sind die Aussichten danach nur noch gesunken. Und die Regierung ist noch nicht mal gewählt. Auswandern – was vorher ein gelegentliches abstraktes Gedankenspiel war, wird nun aktiv und ernsthaft geplant, und das nimmt nicht unerhebliche zeitliche und mentale Ressourcen in Anspruch. Ich kann ja nicht einfach mein Schild von Tür schrauben und mich vom Acker machen (geht natürlich schon), ich muss meine Familie mit einbeziehen, laufende Mandate auf Kollegen verteilen und mich mit dem funky Thema Schulen im Zielland für die Kinder befassen. Alles nicht so einfach. Aber hier ist der Ofen aus.

Daher in diesem Beitrag nur ein paar Videos zu unterschiedlichen Themen, die ich interessant fand und die Euch hoffentlich auch gefallen.

Genuss

Auf dem Kanal von Apollo News gibt es hin und wieder interessante Interviews. Dieses Gespräch mit Henryk M. Broder fand ich wirklich schön. Es ist wohltuend, in dem Ozean von Podcasts und Interviewformaten, in dem ein Wettbewerb an Zuspitzung und Provokation zu herrschen scheint, einen Gast zu haben, der mit der ihm eigenen gelassenen Ironie und Scharfsinn die aktuellen Weltläufe kommentiert. Ich habe auch großen Respekt vor dem sehr jungen Chefredakteur Max Mannhart, der Anfang zwanzig ist und sich vor Broder, der mehr als ein halbes Jahrhundert älter ist, nicht klein macht, sondern ihm kluge Fragen stellt.

Gelage

Ein „Dokumentarfilm“ von Rolf Wolkenstein aus dem untergegangenen West-Berlin, genauer gesagt aus dem harten Kreuzberg. Das Trinkspiel, bei dem alle 5 Minuten ein Tequila getrunken werden muss, spielt sich im Juni 1989 ab, kurz bevor die Mauer fiel und die paradiesische Insel für immer aufhörte zu existieren. Ich dachte zuerst, dass sich das im Ex’n’Pop abspielt, aber ist die „Blechkiste“ in der Mittenwalder Straße.

Mir wird schon vom Zusehen schlecht. Prost!

Gleichnis

Der russische Animator veröffentlicht auf seinem Channel „Lazy Square“ veröffentlicht kleine satirische Filme. Hier handelt es sich um eine Allegorie auf Russland.

Protagonist des kleinen amüsanten Filmchens ist ein Schlammloch („Dyra“). Die Jahrhunderte vergehen, die Tyrannen wechseln sich ab, doch das Loch ist immer noch da.

Gitarre

Der Algorithmus war der Meinung, dass ich mir dieses Video ansehen soll. Wieder mal ein Trip back on memory lane.

PJ Harvey hatte ich vor vielen Jahren mal in Frankfurt im „Cooky’s“ gesehen. Ich hatte gar nicht in Erinnerung, dass sie so ein Hottie ist. Aber vielleicht liegt es auch nur daran, dass sie ein wenig meiner Ex-Freundin ähnelt: schwarze Haare, großer Mund und eine schöne, große Nase.

Guilty Pleasure

Ich schaue mir wirklich gerne die Kämpfe von „King of the Streets“ an. In unserer aseptisierten, feminisierten Welt sind diese Kämpfe ein fernes Winken aus einer dunklen, archaischen Welt der rohen Gewalt.

Die Macher von K.O.T.S. haben in relativ kurzer Zeit nicht nur die filmischen, sondern auch die Editierungsfähigkeiten massiv verbessert. Und ich bin echt erstaunt und dankbar, dass diese Kämpfe tatsächlich auf Youtube laufen können. Auch bei den Locations verwöhnen sie den Zuschauer. Bei den ersten Videos kloppten sich die Gegner in irgendeiner dunklen Unterführung. Dann kamen leere Eishockeyhallen oder Parkhäuser. Jetzt haben sie die Kämpfer irgendwo in den Süden verfrachtet. Diese hohe Backsteinmauer mit der Nachmittagssonne erinnert mich an antike Gladiatorenkämpfe.

Auch wer ab und zu mal ein hartes Sparring macht, täusche sich nicht: diese Kämpfe sind eine ganz andere Galaxie. Sich einem Bareknuckle-Fight ohne Runden und Regeln zu stellen, erfordert Ressourcen an Aggressivität und Gewaltbereitschaft, die nur wenige heute abrufen können. Der Adrenalinrausch kurz bevor der Veranstalter beide Kämpfer mit „ready?“ aufeinander loslässt muss körperlich fast unerträglich sein.

Hier ein Kampf von Lucas Söntgen, der auch mal in unserem Gym zu Besuch war, gegen einen polnischen Hooligan.

Achtung Brutal

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9 Responses to Innere Kündigung

  1. Avatar von christinejott29 Ideenlese sagt:

    In welches Land wirst du auswandern?

    • Also, zur Debatte stehen jetzt noch USA und die Schweiz. Ich hatte an sich Lust, nach Indien zu gehen. Das ist ein Land, das ich nicht kenne und interessant finde und das außerdem eine boomende Wirtschaft hat. Aber da haben meine Kinder und meine Frau gleich von Anfang an gesagt, dass das für sie nicht in Frage kommt. USA begeistert mich aus mehreren Gründen nicht so wirklich. Sagen wir, die Verhandlungen laufen noch 😉

      • Die Schweiz ist aber sowas von aseptisch, da parkt ja nicht einmal jemand auf dem Gehweg.

        Aber angesichts deiner Faszination dafür, in Unterführungen oder Parkhäusern vermöbelt zu werden, bin ich ja schon erleichtert, dass du nicht nach Russland ziehen willst. 😛

        Falls es bei den Verhandlungen etwas nützt: Meine Stimme bekommt Indien!

        Ich finde, wenn man sich schon den Stress des Auswanderns macht, dann muss man auch kulturell einen richtig großen Schritt machen. Denn ob es klappt oder nicht, weiß man vorher nie. Aber in Indien, Marokko oder Armenien nimmt man wenigstens kulturell wahnsinnig viel an Erfahrung mit.

        Ich persönlich hatte oft die besten Erfahrungen in Ländern, die ich vorher gar nicht kannte und von denen ich kaum etwas wusste: Bolivien, Rumänien und das Baltikum. Niedrige Lebenshaltungskosten sind auch eine Menge wert, v.a. wenn ein Teil der Familie noch nicht zum Einkommen beiträgt. Apropos, in Bolivien wäre sogar die Kinderarbeit legal. 😉

      • Ja, die Schweiz ist auch nicht unbedingt meine erste Wahl. Wie man so hört, sind die Schweizer auch zunehmend genervt von den deutschen Exilanten und Schwizerdütsch – naja, Schwamm drüber.
        Tja, wenn man ein Familienmensch ist, muss man manchmal Kompromisse schließen.

        Ich würde mich ja an sich mit einem Staatswesen begnügen, dass mich nicht permanent gängeln und umerziehen will und mir nicht 60 % von meinem Einkommen wegnimmt.

        Baltikum und Rumänien sind gute Tipps, danke!

        Russland ist auf absehbare Zeit definitiv keine Option für mich. Aber die Ukraine vielleicht 😉

  2. Avatar von christinejott29 Ideenlese sagt:

    Mit dem Ziel Schweiz bist du in Gesellschaft. Die Eidgenossen belegen nach Spanien Platz zwei auf der Auswanderungsbeliebtheitsskala. Jedenfalls alles Gute, sollte es dann wirklich dazu kommen. Und danke fürs Antworten.

  3. auswandern au ja aber wohin

  4. Ein Freund von mir lebt seit Beginn der Rente mit Frau in Venezuela und ist sehr zufrieden – „Solange man dort still für sich bleibt und konsequent die Fresse hält.“

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