Does Snuff really exist?

„Snuff ist ein Mythos!“, sagte der Sexshopbetreiber zum Privatdetektiv mit einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Der Satz aus dem Film „8 MM“ von Joel Schumacher war vor 15 Jahren vermutlich wahr. Der Reiz, einen Menschen beim Sterben zu betrachten, hat wahrscheinlich schon immer eine bizarre Faszination auf manche Männer ausgeübt, die sich früher allerdings auf schlecht gemachte Mondos-Filme beschränken mussten. Zwei Jahre später endete das ruhige, langweilige und auch etwas überspannte Jahrzehnt, das dem Mauerfall folgte. Das World Trade Center stürzte, von Flugzeugen getroffen, in sich zusammen. Menschen verbrannten im Kerosin oder wählten den Tod durch einen Sprung aus dem 100. Stockwerk. Es folgten Kriege und mit den Kriegen Bilder der Gewalt. Fotos von verletzten, blutenden oder toter Menschen, dazu Berichte von Reportern, Opfern, Soldaten. All diese Bilder und Berichte blieben noch auf merkwürdige Weise abstrakt, auch wenn sie schockierten. Sie kamen in Form von Artikeln und redaktionell ausgewählten Fotos. Der Schmerz, das Grauen, das Leid wurden gefiltert und dadurch gemildert.
Youtube hat den Horror noch eine Umdrehung weitergetrieben. Mit dem Beginn des „Arabischen Frühlings“ kamen auch die Bilder und vor allem die Handyfilme. Vor allem aus Syrien. Sie kommen ungefiltert, ungemildert roh und brutal, treffen auf die Pupille und dringen in die Seele ein. Sie kommen mit Macht und bringen eine Realität, die kaum erträglich ist: Sterbende, die ihre letzten Atemzüge tun. Menschen, mit zerfetzten Kiefern und abgerissenen Beinen. Kleine Mädchen, denen ein Fuß fehlt, denen der Beinstumpf in Fetzen hängt. Menschen, die gefoltert werden; denen anderen Menschen (?Tiere?, nein Menschen, Tiere wären zu solchen Taten nicht fähig) mit einer Eisenstange ein Auge ausstechen. Menschen, die mit Messern erstochen und anschließend mit Betonbrocken beworfen werden, gefilmt von einem sadistischen Mordkomplizen. Exekutionen von Soldaten, Offizieren, Kollaborateuren. Vermeintliche? Zerfetzte Körper in einem Zustand, denen noch nicht einmal der winzigste Rest an Würde geblieben ist. Die vollständige Abwesenheit von Menschlichkeit oder besser gesagt: von Menschsein.
Bilder, die sich in die Seele brennen und fressen, von denen man wünscht, man hätte sie nie gesehen. Jeden Tag und jederzeit online verfügbar.
Snuff ist kein Mythos. Heute ist es real. Das Schlimme ist nur, dass das, was man auf diesen Bildern sieht, tagtäglich in Syrien geschieht und das einen hindert, es zu vergessen oder zu verdrängen, so wie man einen schlechten Horrorfilm schon am nächsten Tag lange vergessen hat.
Wo bleibt der Aufschrei, das Handeln? Tun die Verantwortlichen nichts, weil sie diese Bilder nicht kennen oder weil man sie ihnen vorenthält? Weil sie nur die Artikel und Pressemappen bekommen, in denen abstrakt von „Opfern“ die Rede ist? Oder sind auch sie nur Snuff-Freaks, die heimlich ihrem perversen Hobby hinter heruntergelassenen Rolläden nachgehen und hoffen, dass der Nachbar nichts mitbekommt? Es sind nicht nur Bilder. Es tut weh, sie zu sehen, und doch ist es unmöglich auch nur eine Ahnung zu bekommen, was die Menschen dort durchmachen.
Wer kann das Grauen beenden?

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