In loser Folge und ohne besondere Chronologie oder Reihenfolge stelle ich ab jetzt Dokumentarfilme vor, die ich interessant finde. In der Regel handelt es sich um Reportagen und Dokus aus einer Zeit als ich tatsächlich noch ferngesehen habe. Kann sein, dass sich das irgendwie versnobt anhört, aber nach mehreren Jahren ohne Fernseher kommt mir im Jahr 2017 die Aktivität des Fernsehens so anachronistisch vor wie ein Wählscheibentelefon oder ein VHS-Recorder.
In die Reportagen, die fast immer in den „Dritten Programmen“ liefen, bin ich in der Regel spät abends oder nachts, wenn ich nicht schlafen konnte, reingezappt. Wenn irgendein interessantes Detail in meiner Erinnerung blieb, habe ich sie auf Youtube gesucht.
Den Auftakt bildet heute „Geschichten vom Essen“. Der Dokumentarfilmer Horst-Dieter Grabe hat fünf seiner Reportagen zu einem Film zusammengefasst, da ihm anscheinend mit zeitlichem Abstand aufgefallen ist, dass das übergeordnete Thema jenseits von Nachkriegstrauma und Gewalt das Essen ist.
Am meisten berührt hat mich die letzte Geschichte. Ihr Protagonist ist Mendel Szajnfeld, ein ehemaliger KZ-Häftling, den Grabe im Jahr 1971 auf einer Zugfahrt zum Entschädigungsamt nach München begleitet. Auf der Fahrt erzählt der Mann wie er einmal während seiner Inhaftierung ein Stück Brot von einem Toten genommen hat, um zu überleben. Weder angesichts der Situation, in der er sich befand, noch juristisch ein Diebstahl, wühlt ihn diese Tat noch mehr als ein Vierteljahrhundert nach Kriegsende auf und überwältigt ihn sein schlechtes Gewissen (ab Minute 45:00). Seine Reaktion ist ein schwer zu begreifendes Phänomen, von dem viele Holocaust-Überlebende berichten: die Scham überlebt zu haben, während andere gestorben sind.