Dokumentarfilm: Dogtown & Z-Boys

Immer mal wieder ist mir der Name eines Dokumentarfilms im Kopf herumgeschwirrt, den mir ein Freund aus Berlin vor längerer Zeit mal empfohlen hatte, der ihn im damaligen „Klick“ in Charlottenburg gesehen hatte. Endlich hat ihn eine gute Seele bei Youtube hochgeladen. Mit Erschrecken muss ich allerdings feststellen, dass er mittlerweile schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat.

Auch wenn ich nie wirklich, von ein paar wackligen Fahrversuchen abgesehen, Skateboard gefahren bin, interessieren mich wie so viele andere Subkulturen, die Skateboardszene im Los Angeles der 1970er und 80er Jahre.

Dort, wo die legendäre Route 66 – in der Realität eine stinknormale Autobahn – in den molochartigen Ballungsraum von Los Angeles mündet, irgendwann zum Santa Monica Boulevard wird, bevor sie vom Pazifischen Ozean gestoppt wird, liegt das Viertel Dogtown. Der Boulevard teilt die Gegend in zwei Sphären: im Norden die schicken Villenviertel, südlich davon die ärmeren Wohnviertel.

Direkt an diesem Strandabschnitt von Dogtown befand sich seit Beginn des letzten Jahrhunderts ein monumentaler Vergnügungspark, der „Pacific Ocean Park“, gewissermaßen die Antwort der Westküste auf Coney Island in New York.

Dieser Vergnügungspark war allerdings in den 1960er Jahren bankrottgegangen und hinterließ eine morbide, schaurige Kulisse aus windschiefen, rostigen Achterbahnruinen und sonstigen heruntergekommenen Fahrgeschäften

Dies war der bevorzugte Surfspot der Kids aus den zerrütteten Familien aus dem unfeinen Stadtviertel und diese verteidigten ihr Territorium mit Zähnen und Klauen gegen Eindringlinge aus anderen Stadtteilen. Wer in der morbiden Atmosphäre aus verbogenen Stahlträgern und Karussellgondeln surfen wollte, musste dazugehören. Wer sich ungebeten dorthin wagte, wurde verprügelt und verjagt.

Genau dort befand sich auch der legendäre Surfshop von Jeffrey Ho, der seine Surfbretter entgegen dem klassischen Trend nicht mit Holzfurnier und spießigen Hibiskusblüten verzierte, sondern sie mit Mustern wie schnell und dreckig gesprühte Graffiti dekorierte.

Es erscheint eigentlich logisch, dass sich das heutige sportlich-athletische Skaten aus dem Surfen entwickelt hat. Skateboards tauchten schon in den 50er Jahren als spaßiges Spielzeug der amerikanischen Überflussgesellschaft auf, die man wie Jo-Jos, Bumerangs oder Fußbälle nach ein paar Tagen beiseitelegte, wenn sie langweilig geworden waren. Sie wurden erst nach und nach wieder für die Kids von Dogtown interessant, weil aufgrund der Wetterumschwünge nicht durchgehend gesurft werden konnte, da sich der Wind legte und somit auch die Brandung abnahm.

Zunächst verbrachten die Kids ihre Zeit damit, die abschüssigen Asphaltpisten von Grundschulen zu befahren, bis Jeffrey Ho und seine Partner Skip Engblom und Craig Stecyk, die für die vaterlosen Jungs so etwas wie Mentoren und Ersatzväter waren, ein Skateteam, das Zephyr Competion Team, zusammenzustellen, dass bei Wettkämpfen antragt. Diese waren anfangs ziemlich lame, in dem Sinn, dass es darum ging durch Pylonen zu slalomieren oder Künststücke auf dem Brett zu vollführen.

Die nächste Entwicklung kam während der großen Dürre in Los Angeles 1976-77 als die Bewohner amtlich aufgefordert wurde, ihre Pools zu leeren. Den ganzen Sommer lang stromerten die Z-Boys durch Los Angeles auf der Suche nach leerstehenden Häusern, um die leeren Pools zu skaten. Dies war der Quantensprung zum Vert Skating, der das Skaten aus dem Randgruppendasein von ein paar wenigen Freaks herausführte und einzelnen Z-Boys internationalen Ruhm brachte, wie Stacey Peralta oder Tony Alva, die ihrerseits den Weg für spätere professionelle Skater wie Steve Caballero oder Tony Hawk ebneten als die nächste Stufe zündete und Skateboarding kommerziell richtig abhob.

Es ist ein schöner, rasant geschnittener Film, der mit einem guten Soundrack aus Jimi Hendrix und Black Sabbath unterlegt ist.

Bonus: die Erzählerstimme ist die von Sean Penn.

Mit Erschrecken musste ich im Nachgang festellen, dass schon einige der Protagonisten bereits gestorben sind (Jay Adams, Shogo Kubo und Chris Cahill) und zwar allesamt mit Anfang 50, was mich doch etwas schockt, obwohl ich von dieser Dekade noch etwas entfernt bin.

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