Freunde der Abenteuer- und Macho-Literatur. Wem „Oro“ und sein sympathischer Protagonist Cizia Zykë gefallen hat, der wird auch von „Sahara“ nicht enttäuscht werden.
In diesem erneut autobiographischen Buch erleben wir die Abenteuer, die der Autor beim Verkauf von Autos und Lastwagen im Afrika der 1970er Jahre durchgemacht hat.

Bis heute ist der Verkauf von gebrauchten Autos (lies: Schrottkarren) nach Afrika wegen der exorbitanten Einfuhrzölle, an denen nur die Potentaten, ihre Entourage und vor allem die korrupten Zöllner verdienen, ein lukratives Geschäft. Heute werden Autos mit leichtentflammbaren Riesenfrachtern wie der „Fremantle Highway“ transportiert.
Wenn man jedoch einen Gewinn von 700% auf seinen Einsatz machen kann, dann nimmt es nicht wunder, wenn zu früheren Zeiten Glücksritter und Pleitegeier den Weg durch die algerische Wüste auf sich nahmen, um einen schrottreifen Peugeot 404 nach Mali oder Niger zu fahren.
Als Cizia Zykë zufällig von diesen gigantischen Margen erfahren hat, entschloss er sich, selbst einen Handel zwischen Frankreich und Mali aufzuziehen.
Hierzu versammelte er eine Bande von Ahnungslosen und Verrückten, die bereit waren, mit allen möglichen Waren und Autos beladene, altersschwache Mercedes- und Berliet-LKWs auf der berüchtigten Tanezrouft-Piste durch die Wüste zu fahren. (Ich erinnere mich noch ziemlich genau an einen Artikel, den ich in meiner Jugend im Spiegel gelesen hatte, und der mir Grauen eingeflößt hatte, besonders die Stelle, an der eine belgische Familie mit zu wenig Wasser vom Weg abgekommen war und die Eltern zuerst ihre Kinder erdrosselt und sich dann die Pulsadern aufgeschnitten hatten).
Zum illustren Panoptikum, an das sich die Leser von Cizia Zykës Büchern gewöhnt haben dürften, gehört ein spanischer Hippie, ein sexbesessener Jude, massenhaft korrupte Zöllner und Bullen, europäische Banditen und Betrüger, die sich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gegenseitig ablinken und jede Menge käuflicher Damen.
Zusätzlich zu diesem Völkchen nimmt Zykë noch Touristen und alle möglichen Touaregs auf seinen Lastwagen mit, was dann ungefähr dieses Bild ergibt:


Das Buch ist rasant in einer klaren schnoddrigen, von Argot-Ausdrücken durchzogene Sprache geschrieben. Das N-Wort fällt in allen möglichen Variationen gefühlt drei bis fünfmal pro Seite.
Die Männer leiden nicht nur unter der Hitze, der Malaria, den korrupten Zöllnern und der Tortur, die festgefahrenen Lastwagen bei glühender Hitze freischaufeln zu müssen. Es kommt zu Massenschlägereien zwischen den Männern, denn wenn sich die Europäer zugutehalten, den Rassismus zwischen Schwarzen und Weißen überwunden zu haben, ist der innerafrikanische Rassismus eine Tatsache, die sich dem ungeübten Reisenden als böse Überraschung darbietet:
Touaregs (die in dem Buch auf Französisch nach ihrer Sprache als Tamascheqs bezeichnet werden) haben die Iklan (auch Bellah-Volk genannt) seit der Antike versklavt und es ist für einen stolzen Wüstensohn absolut undenkbar, von einem Iklan Befehle oder Anweisungen entgegenzunehmen. Touaregs und die subsaharischen Bambaras verstehen sich auch nicht. Algerier können zwar mit Touaregs, aber nicht mit Bambaras zusammenarbeiten. Ein nicht zu unterschätzendes logistisches Problem.
Es ist wie „Oro“ ein spannendes und amüsantes Buch. Ich habe jedenfalls gut abgelacht.
Nach der Lektüre von anderen Reiseberichten hätte ich selbst einmal große Lust, die Strecke mit dem Motorrad abzufahren, wäre nicht akute Terrorgefahr, die ein Durchqueren des „Grand Sud“ Algeriens verbietet.
Obligatorische Triggerwarnung: Worte und Beschreibungen können die Gefühle der jüngeren Generation verletzen.
Diese Strecke einmal mit dem Motorrad „abzufahren“, wäre bei ausreichender Vorbereitung sicherlich eine lohnende Erfahrung. Soweit ich weiß, hat das auch schon jemand geschafft (ich meine, früher irgendwo einen Hinweis auf einen Dokumentarfilm oder eine Diashow zu diesem Thema gesehen zu haben). Ich jedenfalls hatte mich vor vielen Jahren einer Clique von Freunden angeschlossen, die eine Durchquerung der Sahara mit drei Autos plante und schließlich im Februar (Start von Frankfurt aus) und März 1982 auch durchgeführt hat. Ein Erlebnis, das ich um nichts auf der Welt missen möchte! Wir sind damals allerdings nicht vom Süden Algeriens aus nach Westen nach Mali, sondern nach Osten über Niger und dann südlich über das damalige Obervolta und durch die Sahelzone nach Togo gefahren, wo wir unsere Autos (504er) verkauft hatten. Wer dies allerdings mit schrottreifen Autos versuchte, hatte keine Chance, weder was die Fahrt noch was den Verkauf derselben betrifft, und das auch schon zu der Zeit, in der dieser Roman (oder Tatsachenbericht?) spielen soll! Und Mercedes ging damals gar nicht: mangelnde Ersatzteile vor Ort! Wer dort einen solchen wollte, importierte ihn direkt, und DIE kamen dann über den Schiffsweg.
Sehr interessant. Wie wäre es mit einem Artikel von Dir zu dieser Tour?
Nun, ein kompletter Reisebericht existiert (zumindest bislang noch) nicht; er wäre auch viel zu umfangreich! Es existieren jedoch mehr oder weniger längere Erwähnungen der Fahrt; siehe meine Beiträge unter den Schlagwörtern „algerien“ und „togo“, auf die du über die Sitemap kommst. Zukünftige Beiträge, etwa darüber wie es sich anfühlt, kilometerlange sogenannte Wellblechpisten (entstanden übrigens durch stete und regelmäßige Auf und Ab der Federung von Lkw) zu befahren, die das Gefühl vermitteln, sich auf einem Testgelände für die Stabilität von Autos zu befinden, oder die „Ebene des Teufels“, auch „der Garten Satans“ genannt, eine schier endlose Hochebene (das Plateau du Tademaït) mitten in der Sahara, auf der nichts, aber auch gar nichts den Augen Abwechslung bietet außer den immer wieder auftretenden Luftspiegelungen (Fata-Morganas), die einem vorgaukeln, sich inmitten eines Gewässers zu befinden. Oder wie es sich anfühlt, mitten in der Sahara wie aus heiterem Himmel (wortwörtlich zu nehmen!) plötzlich ein paar Regentropfen auf seinem Kopf zu spüren, oder die absolute, wirklich ABSOLUTE Stille bei einer Übernachtung mitten in der Wüste. Von den höchst tückischen Salzkristallen im Chott el Djerid, einem Salzsee Süden von Tunesien, in den wir für wenige Kilometer hineinfuhren, oder vom plötzlichen Anblick der wunderschönen Oase Ghardaia (seit 1982 UNESCO-Weltkulturerbe) noch eher im Norden der Sahara. Überhaupt von der großartigen und ungeheuer vielseitigen Sahara, die mitnichten nur aus Sandwüste besteht! Aber auch vom Durchqueren des früheren französischen Atomwaffentestgeländes in In Ekker im Süden Algeriens, wo zumindest bis damals davor gewarnt wurde, etwas Metallisches mitzunehmen. (Was aber bis heute gelten dürfte!)
O ja, zu erzählen gäbe es schon etwas, und wenn es sich beim Autor des genannten Werks nicht nur um einen eitlen Selbstdarsteller handelt, der sich mit inkompetenten Mitmenschen, die sich auch noch gegenseitig bekriegen und versklaven, herumschlagen muss (bei ihm vermutlich auch wörtlich zu nehmen!), sollte doch eigentlich auch bei ihm ähnliches zu finden sein!
Übrigens enthält der doch sehr reißerische „Spiegel“-Artikel geografische und geologische Fehler: Tamanrasset liegt nicht „im Hoggar-Gebirge“, sondern einige Kilometer südlich davon, so wie die Strecke also auch nicht „übers Hoggar-Gebirge“ führt, sondern südlich daran vorbei, und die (nicht namentlich genannte, aber gemeinte) Hoggar-Piste, ein Äquivalent zur Tanezrouft-Piste, weil mindestens ebenso tückisch wie diese, „verliert“ sich nicht „in uferlosen Sandseen“, sondern es handelt sich schlicht und einfach um eine unbefestigte Piste in der Sandwüste. „Bodenlos“ ist diese aber nicht! Tatsache ist jedoch, dass wir auf diesem Streckenabschnitt die meisten ECHTEN „Schrottkarren“ gezählt hatten, von denen alles ab- und ausmontiert war, was nicht niet- und nagelfest ist. (Ein Bild von dieser Piste findest du in einem meiner genannten Beiträge!) Dort sind wir auch einmal gleich mit allen drei Autos direkt hintereinander versandet, was allerdings vermeidbar gewesen wäre, wären wir nicht zu dicht hintereinander gefahren, sonst hätte nämlich ein plötzlich feststeckendes Auto die anderen rechtzeitig warnen können, diese Stelle zu umfahren (einer der vielen „Tricks“ für eine Wüstendurchquerung). Was allerdings wiederum keine Gewähr dafür gewesen wäre, nicht an anderer Stelle zu versanden.
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar und sorry für die späte Antwort, ich war ziemlich beschäftigt.
Tja, wirklich befremdlich, dass man sich noch nicht mal früher auf den guten alten Spiegel verlassen konnte.
Das Buch ist wohl ein Tatsachenbericht, aber wenn man die Persönlichkeit des Autors kennt, halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass er einzelne Passagen aus Gründen der Dramaturgie oder Unterhalten etwas ausgeschmückt hat.
Ich habe auf Deinem Blog nach den Artikeln gesucht, konnte sie aber nicht finden.
Deine Schilderungen klingen wirklich sehr interessant.
Vielleicht kommt ja doch ein kleiner Artikel raus 😉
Dazu fällt mir doch auf der Stelle das hier ein:
Ich meinte eigentlich: „Wohin? Wohin?“ von Spliff (Album „Herzlichen Glückwunsch“)
Yadgar-Version:
Quer durch Afghanistan im Strichachter-Benz,
auf dem Sitz ’n Zentner Schwarzer, hoffen, dass der Grenzer pennt… (o.k., das war jetzt eher ein Not-Reim…)
Es gab da mal einen sehr interessanten Blog von Markus Besold (Brauner Benz), der mit ebendiesem Gefährt die ganze Welt durchquert hat: