Drogen, Gold und blaue Bohnen

Leser meines Blogs wissen, dass ich große Sympathien für Abenteurer habe, die sich vorgezeichneten Lebenswegen und den gesellschaftlichen Erwartungen an ein respektables Leben entziehen und nur den Eingebungen ihres starken Charakters folgen.

Cizia Zykë gehört zweifellos in diese Kategorie. Bis zu seinem Tod mit 62 Jahren im Jahr 2011 hat er so viel Action erlebt, dass es für zehn Bürolurche ausreichen würde.

Als Sohn einer Griechin und eines albanischen Fremdenlegionärs im damaligen Protektorat Französisch-Marokko geboren, zog es ihn lange vor seiner Volljährigkeit in die Welt hinaus. Zunächst wie seinen Vater zur Fremdenlegion, aus der er aber bald entlassen wurde, weil Gehorsam nicht zu den Charaktereigenschaften gehörte, die ihm bei der Geburt mitgegeben wurden.

Er schlug sich dann als Geldeintreiber in Toronto und als LKW-Schmuggler in Westafrika durch, bis er sich in der Karibik niederließ und eine Familie gründete.

Sein Sohn starb jedoch kurz nach der Geburt am plötzlichen Kindstod. Er führte dann ein zielloses Leben, das hauptsächlich aus Drogenkonsum und Glückspiel in den Kasinos von Hong Kong und Macao bestand.

Irgendwann beschloss er, dass Grenzen und Regeln für ihn keine Gültigkeit haben sollten, außer seinem eigenen Gesetz, das er außerdem für viel gerechter hielt. Insbesondere das einmal gegebene Manneswort.

In Südamerika schlug er sich zunächst mit dem Schmuggel von präkolumbischen Artefakten aus Raubgrabungen über Wasser, bis er von dem sagenhaften Goldreichtum auf der Osa-Halbinsel in Costa Rica hörte.

Und so macht er sich mit seiner Frau, einer 357er Smith & Wesson und seinen Eiern in den costa-ricanischen Dschungel auf, um Gold im Dschungel zu schürfen.

Costa Rica ist im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern verhältnismäßig wohlhabend und fortschrittlich. Es wird auch die Schweiz Zentralamerikas genannt. Das Land hat sich einer strikten Neutralitätspolitik verschrieben, sein Militär aufgelöst und das Geld in Bildung investiert. Große Teile des Landes sind Naturschutzgebiet.

Trotz allem ist es natürlich ein südamerikanisches Land mit seinen korrupten Bullen, gierigen Politikern und Geschäftsleuten.

Die Anfänge sind schwierig. Bei der Kooperation mit erfahreneren Goldschürfern wird er übers Ohr gehauen und fängt sich außerdem die Malaria ein.

Beim zweiten Versuch wird er wegen Drogenbesitzes eingebuchtet, aber vor allem, weil er sich mit seiner ungestümen Art viele Feinde gemacht hat und zu oft von seiner 357er Gebrauch gemacht hat, als es die geduldigen costa-ricanischen Bullen zulassen konnten.

Beim dritten Mal kommt er mit Mitgliedern der Präsidentenfamilie Carazo ins Geschäft, und zwar dem kriminellen Familienzweig, der in schmutzige Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt ist (unter anderem beliefern sie in Nicaragua parallel die Contras und die Sandinisten).

Sie geben Zykë eine Schürflizenz und Geld für Männer. Hier zeigt sich Zykës despotisches Naturell. Er lässt seine Männer im Fluss schuften, was bedeutet, dass sie im fließenden Wasser stehen müssen und mit einer Eisenstange, einem sogenannten Strahlstock, die Felsen aufbrechen müssen und andere in einer aufgespannten Canoa den Goldstaub und die Nuggets auffangen müssen. Cizia Zykë hingegen sitzt am Ufer in einem Schaukelstuhl, in der einen Hand einen Kaffee in der anderen einen fetten Joint mit Mango-Rosa-Gras und überwacht die Arbeit. Zwischendrin zieht er seine 357er und lässt die Kugeln über die Köpfe der Männer zischen, wenn sie zu langsam arbeiten.

Zu spät bemerkt er, dass die kriminellen Geschäftsleute nur herausfinden wollen, ob die der Abschnitt am Fluss reich an Gold ist, so dass sich eine größere Förderung lohnt, und ihn mit einer fingierten Drogengeschichte ausbooten wollen.

Dies ist das Thema seines Buches „Oro“, das erstaunlicherweise sogar nach seinem Erscheinen im Jahr 1983 ins Deutsche übersetzt wurde. Auf Amazon finden sich alte Hardcoverausgaben unter dem Titel „Oro – Gold aus dem Dschungel“. Neuauflagen habe ich nicht gefunden. Ob es an der Nachfrage mangelt?

Ich glaube, dass ein solches Buch heute gar nicht mehr erscheinen könnte, denn es thematisiert vieles, was heute als „toxische Männlichkeit“ gegeißelt wird: Cizia Zykë geht keiner Schlägerei aus dem Weg, regelt Konflikte mit Diplomatie aber, wenn sie scheitert, mit seiner 375er oder einer 45er Magnum. Das Konzept der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist ihm nicht geläufig und dass er nicht gerade LGBTQ-affin ist, wäre noch eine deutliche Untertreibung.

Trotzdem war es eine sehr kurzweilige und amüsante Lektüre.

Triggerwarnung: Cizia Zykë hat „problematische Ansichten“ und das Buch könnte Angehörige der Millenials und der Generation Y und jünger nachhaltig verstören.

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