Nach seinem fulminanten Schluss mit tagelanger klirrender Kläter hat der Winter für dieses Jahr anscheinend klein beigegeben.
Einer Eingebung folgend habe ich den Bildband „Last Exit Sossenheim“ von Chlodwig Poth, den ich jahrelang vergessen hatte, zur Hand genommen.
Poth, Gründungsmitglied von Pardon und Titanic, steuerte später auch Frankfurtskizzen für die FAZ bei, hat in diesem Buch Zeichnungen seines letzten Domizils zusammengestellt, wohin er, so spinnt er die Legende im Vorwort des Buches, von einem „Spekulantenarschloch“ aus dem Holzhausenviertel, das ihn doch ohnehin nie zu etwas inspiriert hatte, dorthin vertrieben worden war.
Schon immer haben mit die Winterbilder in diesem Buch gefallen.
Neben dem sehr gut nachgeahmten typisch Frankfurter „Dummgebabbel“ aus Ebbelwoikneipen fallen mit dem Zeitabstand von mehr als 20 Jahren jedoch auch die schlimmen Modesünden der 90er Jahre auf, vor allem die scheußlichen Muster in grauenhaften Farbkombinationen wie türkis, lila und rosa, die Poth schon damals mit seiner scharfen Beobachtungsgabe aufgespießt hat.
Wie sehr fehlt heute, in diesen aggressiven, ideologisierten Zeiten ein Satiriker wie Chlodwig Poth mit seinem garstigen aber auch gleichzeitig freundlichen Spott.
Sehr heimatlich, die Zeichnungen. Nicht, dass ich Sossenheim übermäßig gut kenne, aber es könnte auch Ginnheim sein: nicht besonders hübsch, der Himmel nie besonders blau, Insgesamt eher spröde, aber eben Frankfurt.
Ich kenne Sossenheim auch nicht besonders gut. Ist abseits meiner normalen Pfade. Aber ich frage mich, ob der Betrachter der Bilder in ihnen nicht einfach irgendeinen Randbezirk irgendeiner deutschen Stadt darin erkennt.
Ich glaube, mit Ausnahme der jeweiligen Mundart gleichen sie sich doch alle.
Chlodwig Poth hat nur mit Ironie die Schönheit im Alltäglichen bloßgelegt.
Klingt auch plausibel.
Die endgültige Teilung Deutschlands war sein Auftrag.
Ich liebte seine Last-Exit-Sossenheim-Beiträge in der Titanic haben mich immer erfreut.
Jetzt hab ich Heimweh.
Stimmt, an der Thematik der „neuen Bundesbürger“ hat er sich oft abgearbeitet.
Man merkt Last Exit Sossenheim an, dass es schon irgendwie ein Alterswerk ist. Mir gefallen die härteren und radikaleren Alben: Mein progressiver Alltag und Frankfurt oder der vorletzte Tag der Menschheit fast noch besser.
Und wenn Du Heimweh hast: mach doch mal Pause von Berlin.